Schule braucht Teamplayer

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 3 Minuten)
Monitor Lehrerbildung

Das Lehramtsstudium setzt noch viel zu sehr auf Einzelkämpfer  

Ob Inklusionshelfer*in oder Schulpsycholog*in – Lehrkräfte in Deutschland stehen in der Schule im täglichen Austausch mit Fachkräften unterschiedlicher Disziplinen. Das Arbeiten in multiprofessionellen Teams wird durch den kürzlich beschlossenen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung künftig noch wichtiger. Bisher ist die Zusammenarbeit zwischen angehenden Lehrkräften und anderen pädagogischen Fachkräften nur selten Gegenstand des Studiums. Nur jede vierte Hochschule bietet aktuell interdisziplinäre Lehrveranstaltungen für Lehramtsstudierende an. Dies zeigt eine aktuelle Publikation des Monitor Lehrerbildung.

Die Institution Schule ist in Deutschland keine reine Domäne der Lehrkräfte mehr. In ihrem Berufsalltag sind sie oft Teil eines Netzwerks, das auch Fachkräfte aus Bereichen wie Sozialarbeit, Inklusionshelfer*innen oder Erzieher*innen miteinschließt.

Diese multiprofessionelle Zusammenarbeit gehört besonders an Ganztagsschulen in Deutschland zur Realität. Mit dem im Mai 2021 von der Bundesregierung beschlossenen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab 2026 steigt die Bedeutung multiprofessioneller Teamarbeit daher noch weiter an.


Nur an jeder vierten Hochschule existieren interdisziplinäre Lehrveranstaltungen

Die jüngste Hochschulbefragung des Monitor Lehrerbildung aus dem Jahr 2020 verdeutlicht, dass interdisziplinäre Lehrveranstaltungen, in denen Lehramtsstudierende mit Studierenden anderer pädagogischer Fachrichtungen gemeinsam lernen, nur an einem Viertel der Hochschulen existieren. Institutionalisierte Formate zur Abstimmung der Curricula von Lehramtsstudiengängen und anderen pädagogischen Studiengängen gibt es lediglich an zehn Prozent der Hochschulen.

»Das aktuelle Lehramtsstudium ist noch auf ein Einzelkämpfertum ausgerichtet. Dabei erfordert der heutige Sozialraum Schule Lehrkräfte, die als Teamplayer fungieren«, sagt Ekkehard Winter, Geschäftsführer der Deutsche Telekom Stiftung. »Es ist die Aufgabe der lehrerbildenden Hochschulen, dem angehenden pädagogischen Personal frühzeitig eine multiprofessionelle Kooperationskultur zu vermitteln.«


Berufsgruppen begegnen sich erst in der Schulpraxis

Damit der Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung auch mit einem Qualitätsversprechen zugunsten guter Ganztagsbildung einhergeht, sollten die Hochschulen interdisziplinäre und kooperative Lehrformate zwischen Lehramtsstudium und Studiengängen anderer pädagogischer Fachrichtungen etablieren. Dies fordern die Autor*innen in der aktuellen Publikation des Monitor Lehrerbildung »Gemeinsam mehr erreichen – Multiprofessionelle Kooperation beginnt im Lehramtsstudium«. Denn ohne frühzeitige Berührungspunkte würden sich die Berufsgruppen oftmals erst in der Schulpraxis begegnen und wenig übereinander wissen.

Nach einer vom Monitor Lehrerbildung bisher unveröffentlichten Befragung von Schulleitungen aus dem Jahr 2019 klaffen Anspruch und Wirklichkeit in diesem Punkt bislang auseinander: Während die Fähigkeit, interdisziplinär zu arbeiten als sehr wichtig für den Lehrberuf eingeschätzt wurde, bringen die künftigen Lehrkräfte aus Sicht der Schulleitungen dafür kaum Kenntnisse aus ihrem Studium mit.

»Teamarbeit muss kontinuierlich eingeübt werden, vor allem bei der berufsübergreifenden Kooperation. Das gilt für die ersten Schritte im Studium genauso wie für das spätere Berufsleben. Nur so können sich die unterschiedlichen Professionen mit ihren jeweiligen Kompetenzen und Perspektiven auf das Kind ergänzen und als Team zusammenwachsen«, so Dagmar Wolf, Bereichsleiterin Bildung bei der Robert Bosch Stiftung.


Hintergrund

Der Monitor Lehrerbildung ist die bundesweit einzige Datenbank zum Lehramtsstudium. Unter www.monitor-lehrerbildung.de sind relevante Daten zu dieser ersten Phase der Lehrerbildung übersichtlich dargestellt. 61 Hochschulen und alle 16 Länder beteiligten sich an der jüngsten Erhebung des Monitor Lehrerbildung im Jahr 2020. Sämtliche Daten sowie viele weitere Informationen zum Thema sind unter www.monitor-lehrerbildung.de frei zugänglich. Der Monitor Lehrerbildung ist ein gemeinsames Projekt von Bertelsmann Stiftung, CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Deutsche Telekom Stiftung, Robert Bosch Stiftung GmbH und Stifterverband.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Bianca Brinkmann
Tel. 05241 9761-76
E-Mail: bianca.brinkmann@che.de


Bibliographie
Brinkmann, Bianca; Müller, Ulrich: Gemeinsam mehr erreichen - Multiprofessionelle Kooperation beginnt im Lehramt , Gütersloh, 2021, 16 S.

 

  VERWEISE  

 

Lehrermangel: Stifterverband analysiert Herausforderungen der Bundesländer
Schwund im Studium und die Relevanz der Lehrkräftebildung Der Stifterverband hat eine umfassende Analyse der Lehrerausbildung in den 16 Bundesländern vorgelegt. Die Ergebnisse zeigen signifikante Unterschiede bei der Anzahl der ausgebildeten...
Studienabbrüche im Lehramt – Ein Risiko für die Bildungspolitik
Kurzrezension eines Aufsatzes von Sebastian Franz im Blog »SCHULE Lernen | Bildung im 21. Jahrhundert« der Bertelsmann Stiftung. Sebastian Franz ist Bildungsforscher an der Universität Bamberg. Warum Lehramtsstudierende ihr Studium vorzeitig...
Anstieg der Quer- und Seiteneinsteiger im Schuldienst
Lehrkräftemangel führt zu Rekordzahl an Quereinsteigern Der Anteil von Lehrkräften ohne anerkannte Lehramtsprüfung an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland hat im Schuljahr 2022/23 einen neuen Höchststand erreicht. Laut Statistischem...

.