Umziehen innerhalb Deutschlands für den (akademischen) Berufseinstieg

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 4 Minuten)
 Studienabsolventen Graduates

Mehr als die Hälfte der Hochschülerinnen und -schüler kann sich vorstellen, zum großen Teil aus dem Homeoffice zu arbeiten

Die Möglichkeiten des Homeoffice haben unsere Art zu Arbeiten in zahlreichen Branchen revolutioniert – und für immer verändert.

Die Folgen dieser Entwicklung zeigen sich offenbar auch bei Berufseinsteigern, wenn es um die Wahl ihres Arbeitgebers geht: Immer weniger Studierende sind bereit, für ein Jobangebot umzuziehen. Zwar sagen immer noch zwei von drei Hochschülerinnen und Hochschülern (64 Prozent), dass sie einen Umzug aus beruflichen Gründen nach ihrem Studium für wahrscheinlich halten. Bei der letzten Befragung vor der Pandemie im Jahr 2018 waren es allerdings noch drei von vier Befragten (75 Prozent).

Männer (67 Prozent) sind dabei eher bereit, sich innerhalb Deutschlands neu zu orientieren als Frauen (60 Prozent). Dass sie nach ihrem Abschluss ins Ausland umziehen werden, damit rechnen aktuell 26 Prozent der Studierenden. Vor der Pandemie lag dieser Wert noch bei 37 Prozent.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young). Für die Studie wurden mehr als 2.000 Studentinnen und Studenten befragt.

Jan-Rainer Hinz (EY): »Die Bereitschaft, ihr familiäres oder studentisches Umfeld zu verlassen, hat bei Studierenden deutlich abgenommen. In den vergangenen zweieinhalb Jahren haben wir festgestellt, dass viele Berufe mit dem Arbeiten im Homeoffice sehr gut vereinbar sind. Und viele Arbeitnehmer wünschen sich dies auch. Auch für Arbeitgeber bietet das mobile Arbeiten erhebliche Vorteile. In zahlreichen Bereichen können Unternehmen potenzielle Mitarbeiter, die nicht für einen Job umziehen wollen, aus dem ganzen Bundesgebiet für offene Positionen in ihrer Firma in Betracht ziehen und so die besten Talente gewinnen.«

Hierzu passt, dass deutlich mehr als die Hälfte (61 Prozent) der Studierenden sich vorstellen kann, zum großen Teil oder überwiegend aus dem Homeoffice zu arbeiten. Nur etwas mehr als ein Viertel der Studierenden (27 Prozent) schließt dies kategorisch aus.

Hinz: »Allerdings ist der echte zwischenmenschliche Austausch ohne Bildschirme zwischen Gesprächsteilnehmern nichts, auf das wir komplett verzichten können und sollten. Schlagkräftige Teams entstehen meist im direkten Kontakt. Entscheidend ist also die richtige Mischung zwischen Präsenz und Homeoffice.«

Studierende im Osten Deutschlands besonders mobil

Bei der Bereitschaft, des Berufs wegen umzuziehen, gibt es innerhalb Deutschlands große Unterschiede. Es sind vor allem Hochschülerinnen und Hochschüler aus den östlichen und nördlichen Bundesländern, die mit einem Wohnortwechsel nach dem Studium rechnen. In Mecklenburg-Vorpommern (82 Prozent), Sachsen-Anhalt (77 Prozent) und Schleswig-Holstein (75 Prozent) geht die große Mehrheit der Studierenden von einem Ortswechsel nach dem Studium aus. Auch in Bremen und Brandenburg (beide 69 Prozent) ist der Großteil der Studierenden bereit, für einen Jobwechsel innerhalb Deutschlands umzuziehen. Berliner Hochschülerinnen und Hochschüler sehen dagegen am wenigsten Gründe, ihre Heimat zu verlassen.

Geht es um die berufliche Perspektive, steht Bayern unangefochten an der Spitze bei Hochschülerinnen und Hochschülern: Mehr als jeder Zweite (53 Prozent) sieht im Freistaat im Süden Deutschlands gute Karriereaussichten – genauso viele wie im Vorjahr. Nordrhein-Westfalen nennen 44 Prozent (plus vier Prozent), Baden-Württemberg 39 Prozent (plus zwei Prozent). Am stärksten zulegen konnte Berlin – der Anteil derer, die finden, dass die Hauptstadt die besten Perspektiven für Berufseinsteiger bietet, stieg um fünf Punkte auf 33 Prozent. Noch vor sechs Jahren schätzte nicht einmal jeder fünfte Befragte die Perspektiven in der Hauptstadt so positiv ein.

Hinz: »In den vergangenen Jahren hat sich gerade in Berlin eine lebendige Start-up-Szene entwickelt, die einen Spitzenplatz im europäischen Vergleich einnimmt. Die Jungunternehmen können Studierenden einen interessanten Einstieg in die Berufswelt bieten, wo sie schnell verhältnismäßig viel Verantwortung übernehmen. Ähnliches gilt für andere Großstädte, wie beispielsweise Hamburg und München. Daneben haben vor allem Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg als starke Industriestandorte mit gleichzeitig hohem Freizeitwert und abwechslungsreicher Infrastruktur große Anziehungskraft auf die Studierenden in Deutschland.«

Bayern belegt bei Hochschülerinnen und Hochschülern fast aller Fachrichtungen den Spitzenplatz. Einzige Ausnahme: Bei den Studierenden der Naturwissenschaften liegt Nordrhein-Westfalen einen Prozentpunkt vor dem Freistaat im Süden. Unterschiede zwischen Studentinnen und Studenten gibt es bei der Rangliste der Bundesländer kaum: Über die Fachrichtungen hinweg nennen 52 Prozent der Frauen Bayern als Bundesland mit der besten Perspektive für Berufseinsteiger. Bei den Männern sind es 54. Auf dem zweiten Platz folgt Nordrhein-Westfalen mit jeweils 44 Prozent. Dahinter landet Baden-Württemberg mit 36 Prozent bei den Studentinnen und 42 Prozent bei den Studenten.

Hintergrund
EY ist eine der großen deutschen Prüfungs- und Beratungsorganisationen. In der Steuerberatung ist EY deutscher Marktführer. EY beschäftigt mehr als 11.000 Mitarbeitende an 20 Standorten.
 


  VERWEISE  

Homeoffice in Deutschland: Etabliert, aber ungleich verteilt
Große Unterschiede in der Homeoffice-Nutzung Die Nutzung von Homeoffice hat sich in Deutschland nach der Pandemie gefestigt, es gibt jedoch deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Branchen und Unternehmensgrößen. Das Deutsche Institut für...
Umnutzung von Büroflächen: Potenzial für Wohnraum in deutschen Großstädten
Büro-Umwandlungen wegen Homeoffice könnten 60.000 Wohnungen in Großstädten schaffen Durch die Umnutzung leerstehender Büroflächen könnten in den sieben größten deutschen Städten Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf...
Beschäftigte arbeiten weiterhin häufig im Homeoffice
In Deutschland arbeiten Beschäftigte durchschnittlich 17 Prozent ihrer Arbeitszeit zu Hause. Laut Jean-Victor Alipour vom ifo Institut ist dieser Wert im Vergleich zum Vorjahr konstant geblieben. Alipour wies darauf hin, dass dies angesichts der...

.