Große Vielfalt: Typologie nicht-staatlicher Hochschulen
Die Bedeutung nicht-staatlicher Hochschulen in Deutschland nimmt seit Jahren zu. Ein Hinweis darauf ist die gestiegene Anzahl privater Hochschulen und ihrer Studierenden.
Aber auch kirchliche Hochschulen sind seit Jahrzehnten ein nicht wegzudenkender wichtiger Bestandteil der deutschen Hochschullandschaft. Allerdings unterscheiden sich die nicht-staatlichen Hochschulen zum Teil recht deutlich voneinander. Dies zeigt eine Analyse des CHE Centrum für Hochschulentwicklung.
Von den aktuell 426 Hochschulen in Deutschland ist mehr als ein Drittel nicht in staatlicher Trägerschaft. Hierbei handelt es sich um sehr heterogene Hochschulinstitutionen, was ein Blick auf wenige Charakteristika bereits illustriert: Zu den Trägern dieser rund 150 Hochschulen zählen in Deutschland unter anderem Kirchen, Unternehmen, Stiftungen oder Vereine. Von den kirchlichen Einrichtungen bestehen einige schon seit dem 19. Jahrhundert. Die Mehrzahl der privaten Einrichtungen ist hingegen erst in den vergangen 30 Jahren gegründet worden.
»In der öffentlichen Wahrnehmung werden die privaten und auch die kirchlichen Hochschulen immer als eine sehr homogene Gruppe wahrgenommen. Doch das entspricht nicht der Realität«, so Cort-Denis Hachmeister. »Die nicht-staatliche Hochschullandschaft in Deutschland ist sehr vielschichtig. Die Hochschulen unterscheiden sich auch stark hinsichtlich ihrer Größe und Ausrichtung«, so der Hochschulexperte und CHE-Mitarbeiter.
Das Verbundprojekt nsh-inno des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI und des CHE, das im Rahmen einer aktuellen Förderlinie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Juni 2023 gestartet ist, beschäftigt sich speziell mit der Rolle von kirchlichen und privaten Hochschulen im Bereich Wissens- und Technologietransfer. Das regionale Umfeld, in das die Hochschulen eingebettet sind, wird dabei als wichtige Bestimmungsgröße der produktiven Interaktionen zwischen nicht-staatlichen Hochschulen und externen Akteuren besonders berücksichtigt.
In einer ersten umfassenden Strukturanalyse wurden Basisangaben zu Hochschultyp und Trägerschaft, Gründungsjahr, geografischer Verortung, Studierendenzahl und Fächerprofil ausgewertet. Zusätzliche Charakteristika, die in die Betrachtung mit eingingen, waren u.a. der Grad der internationalen Ausrichtung der betrachteten Hochschulen, ihr Drittmittelaufkommen sowie die Zahl der dort abgelegten Promotionsprüfungen.
Die untersuchten nicht-staatlichen Hochschulen gruppierte das Projektteam von nsh-inno schließlich in insgesamt sieben unterschiedliche Cluster von Hochschulen.
- Überregionale Hochschulen (28 Hochschulen) sind hauptsächlich private Hochschulen mit einer hohen Anzahl an überregional verteilten Standorten oder Fernhochschulen mit einer überregional verteilten Studierendenschaft.
- Theologisch-/weltanschauliche Hochschulen (26 Hochschulen), bei denen Theologie oft das zentrale oder einzige Fach ist, bilden meist für eine berufliche Tätigkeit beim jeweiligen Träger aus. Hochschulen dieses Clusters sind mit im Schnitt 161 Studierenden eher sehr kleine Einrichtungen.
- Künstlerische Hochschulen (zehn Hochschulen) sind mit durchschnittlich 71 Studierenden die kleinsten Einrichtungen. In das Cluster fallen zwei private und acht kirchliche Einrichtungen, u.a. Hochschulen für Kirchenmusik.
- Breit aufgestellte Universitäten (zwölf Hochschulen) verfügen über mindestens zwei verschiedene Studienbereiche. Hochschulen dieses Clusters bieten im Durchschnitt 27 Studienangebote für 2.900 Studierende pro Einrichtung an.
- Spezialisierte Universitäten (zehn Hochschulen) sind ausschließlich private Universitäten, die im Wesentlichen ein Studienfach anbieten. Im Bereich Internationalisierung ist die Gruppe dieser Hochschulen im Vergleich zu den anderen führend.
- Breit aufgestellte Hochschulen für angewandte Wissenschaft, kurz HAW, (46 Hochschulen) bilden die größte Gruppe unter den nicht-staatlichen Hochschulen in Deutschland. Solche Hochschulen bieten in mindestens zwei Studienbereichen im Schnitt 14 Studiengänge an.
- Spezialisierte HAW (20 Hochschulen), wie etwa Business Schools, verfügen über ein sehr schmales Fächerspektrum. Hochschulen dieses Clusters bieten deutlich weniger Studiengänge im Durchschnitt (sechs) an als breit aufgestellte HAW, auch die durchschnittliche Studierendenzahl ist niedriger.
Bezugnehmend auf diese verschiedenen Cluster bzw. Typen nicht-staatlicher Hochschulen werden im weiteren Projektverlauf von nsh-inno Muster des Wissens- und Technologietransfers vergleichend untersucht. Dazu werden die Potenziale der entsprechenden Hochschulcluster hinsichtlich ihres Beitrags zu regionalen Innovationssystemen und den branchenspezifischen Innovationsnetzwerken ihrer Träger ausgewertet.
»Der Wissenstransfer nicht-staatlicher Hochschulen und ihre spezifischen Beiträge für die Regionalentwicklung bzw. ihre Rolle in regionalen Innovationssystemen werden durch dieses Projekt erstmals genauer erforscht«, erläutert Dr. Hendrik Berghäuser von Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI den Hintergrund des Forschungsprojektes.
Am 13. März 2024 werden in einem Webinar Ergebnisse dieser Analyse sowie einer Untersuchung der Websites aller nicht-staatlichen Hochschulen vorgestellt und diskutiert. Alle Interessierten erfahren in diesem zweistündigen Webinar, in welchem Ausmaß nicht-staatliche Hochschulen Transfer über Köpfe, Transferstrukturen und Transferstrategien aufweisen. Vertreter*innen von nicht-staatlichen Hochschulen, welche sich im Transfer auszeichnen, werden skizzieren, warum ihre Hochschulen welche Transferaktivitäten und -strukturen unterhalten und welche Erfahrungen sie anderen Interessierten hierzu mitgeben können. Nach den Impulsen der Referent*innen haben alle Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Fragen an die Referent*innen via Zoom-Chat zu stellen und so mit ihnen zu diskutieren. Eine Anmeldung ist kostenlos bis zum 12. März 2024 möglich unter diesem Link.
Hintergrund
Das Projekt nsh-inno wird vom BMBF unter dem Förderkennzeichen 16NISTA14B gefördert. Es handelt sich um ein Verbundprojekt von Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI (Lead) und CHE Centrum für Hochschulentwicklung gGmbH.