Neuregelung der DIHK-Struktur unter Experten umstritten

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 Verlaufsdiagrmm (Symbolbild)

Das Vorhaben der Bundesregierung, den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK e.V.) in eine Körperschaft öffentlichen Rechts mit gesetzlicher Mitgliedschaft umzuwandeln, wird von Sachverständigen unterschiedlich bewertet. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am 7. Juni 2021 deutlich.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht eine gesetzliche Mitgliedschaft aller Industrie- und Handelskammertage (IHK) in der Bundeskammer vor. Die Neuordnung der Struktur der Kammervertretung auf Bundesebene erfolgt laut Regierung, »um die Wahrnehmung des Gesamtinteresses aller gesetzlichen Mitglieder der IHKs sicherzustellen, unter Beibehaltung der bewährten Aufgabenverteilung zwischen IHKs und Dachorganisation«.

Aus Sicht von DIHK-Präsident Peter Adrian gibt es keine Alternative zu dem Gesetzentwurf. Damit reagiere die Bundesregierung auf die Herausforderung, die IHKs als Selbstverwaltung der gewerblichen Wirtschaft rechtssicher aufzustellen, damit diese sich für die Anliegen der Unternehmerinnen und Unternehmer einsetzen können.

Der Rechtsanwalt Olaf Konzak nannte das Vorhaben »angemessen, verfassungspolitisch sinnvoll und auch verfassungsrechtlich geboten«. Es sei vergleichbar mit den Regelungen zur Bundesärztekammer oder der Bundesrechtsanwaltskammer. Wie bei Körperschaften des öffentlichen Rechts üblich, gebe es auch eine Rechtsaufsicht. »Befremdlich« nannte es Konzak, dass in Paragraf 11 des Entwurfes möglicherweise die Tür für eine Fachaufsicht geöffnet werde, die der Unabhängigkeit der Kammer zuwiderlaufen würde.

Eine gesamtstaatliche Repräsentation der gewerblichen Wirtschaft sei soziopolitisch geboten, befand Professor Martin Nettesheim vom Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Europarecht und Völkerrecht an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Sie könne nur gelingen, wenn eine flächendeckende Mitgliedschaft der Unternehmen sichergestellt und so die verfassungsrechtlich gebotene Vollständigkeit der Interessenwahrnehmung garantiert ist. Eine gesetzliche Regelung, die es in das Belieben einer IHK stellte, ob sie dem DIHK angehören wollen, könnte dies nicht gewährleisten.

Eine Gefahr, dass durch die gesetzliche Neuregelung der DIHK zu einer Stimme des Bundeswirtschaftsministeriums wird, ist nach Ansicht der Präsidentin der IHK Köln, Nicole Grünewald, nicht gegeben. »Wir haben auf Landesebene eine sehr gute Erfahrung mit der Rechtsaufsicht gemacht«, sagte sie. So werde die Handlungsfähigkeit der ehrenamtlichen IHK gestärkt.

Anne-Kathrin Kuhlemann, Vorstandsvorsitzende der Befood AG, betonte die große Bedeutung der IHK als Interessenvertreter der kleinen und mittelständischen Unternehmen. Es müsse das Bewusstsein dafür steigen, das die IHK-Mitgliedschaft nicht eine lästige Zwangsmitgliedschaft ist, sondern eine Chance, sich zu engagieren und sich einzubringen, sagte sie.

Kai Boeddinghaus, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbandes für freie Kammern, kritisierte hingegen, dass mit dem Gesetzentwurf die dringend benötigte Reform der DIHK abgewürgt werde. Stattdessen gebe es nun eine überhastete Rettungsaktion für eine IHK-Organisation mit dem DIHK e.V. an der Spitze, »die sich durch ihren jahrelangen Rechtsbruch an den Abgrund manövriert hat«. Die strukturellen Veränderungen würden zukünftig dazu führen, dass die regionalen IHK zu Erfüllungsgehilfen des neuen mächtigen DIHK werden, sagte Boeddinghaus.

Kritik kam auch von Gewerkschaftsvertretern. Mit dem Gesetzentwurf werde die Position des DIHK als Vertretung von Unternehmensinteressen der gewerblichen Wirtschaft einseitig gestärkt, kritisierte Silvia Grigun vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Abzulehnen sei insbesondere jegliche Ausweitung des Aufgabenkatalogs der IHKs in den arbeitsmarkt- und sozialpolitischen sowie den allgemeinpolitischen Bereich hinein, da diese Öffnung weder erforderlich noch angemessen sei und verfassungsrechtlich erhebliche Bedenken bestünden.

Aus Sicht von Thomas Ressel, Ressortleiter Bildungs- und Qualifizierungspolitik beim IG Metall Vorstand, sind Auswirkungen auf das bewährte Zusammenwirken der Sozialpartner in der beruflichen Bildung zu erwarten. Der künftigen Bundeskammer dürften keine ordnungspolitischen Kompetenzen zugebilligt werden, verlangte er. Aus- und Fortbildungsberufe würden auf Antrag der Sozialpartner, beispielsweise durch Gesamtmetall und IG Metall, in einem Sachverständigenverfahren mit betrieblichen Experten entwickelt. Damit werde das Ziel verfolgt, die Inhalte von Berufsprofilen passgenau für zukünftige berufliche Anforderungen in der Arbeitswelt zu gestalten, machte Ressel deutlich.

Eike Hamer von Valtier, Vorstand im Mittelstandsinstitut Niedersachsen, sagte, die Aufgabenstellung des DIHK sei rein private Lobbyarbeit sowie private Dienstleistung und Organisation und habe mit hoheitlichen Funktionen oder Aufgaben nichts zu tun. Es bestehe deshalb aufgrund der Aufgaben des DIHK kein Grund, vom privaten Verein in eine öffentliche Körperschaft zu wechseln. Kritik übte er auch an der Zwangsmitgliedschaft für Unternehmen in den IHKs, die seiner Aussage nach fast ausschließlich wider den Interessen ihrer Mitglieder handeln würden.

 

 

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