GEW fordert grundlegende Verbesserung der beruflichen Bildung

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 3 Minuten)
GEW2

Bildungsgewerkschaft zur KMK-Bildungskonferenz »Berufliche Bildung – Analysen, Trends und Perspektiven« 

Die Berufliche Bildung muss dringend gestärkt werden - auch über die duale Ausbildung und die Berufsorientierung hinaus. Dafür macht sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mit Blick auf den heute stattfindenden Bildungskongress »Berufliche Bildung - Analysen, Trends und Perspektiven« der Kultusministerkonferenz (KMK) stark. »Wir begrüßen, dass sich die KMK nach zwei Jahrzehnten auf die Berufliche Bildung fokussiert«, sagte Ansgar Klinger, im GEW-Vorstand für Berufs- und Weiterbildung verantwortlich, am Mittwoch in Frankfurt am Main. »In allen Fragen der Berufsbildungspolitik muss nachgebessert werden - nicht nur im Feld des ‚dualen Systems‘ und der grundlegenden Berufs- und Studienorientierungen Schulen«.

»Die beruflichen Schulen steuern auf einen massiven Lehrkräftemangel zu«, unterstrich Klinger. »Das Problem ist nicht über Nacht entstanden und wird sich in den nächsten Jahren angesichts der zu erwartenden Pensionierungen und Verrentungen noch einmal verschärfen. Die Länder müssen endlich ihrer Verantwortung gerecht werden, sowohl die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen in den berufsbildenden Schulen als auch die Studienbedingungen für das grundständige Lehramt zu verbessern«. Nur so werde der Beruf wieder attraktiver und könnten Signale ausgesandt werden, dass es sich lohnt, sich für diese wichtige Aufgabe zu entscheiden. Der GEW-Experte warnte, dass Seiteneinsteigerprogramme nicht die grundständige Ausbildung der Berufsschullehrkräfte aushöhlen dürften. Hier sei auch der Bund gefordert, die Länder in der Ausbildung der Lehrkräfte zu unterstützen.

Klinger sprach sich dafür aus, den Blick in der Beruflichen Bildung nicht auf das »duale System« zu verengen. »Das ist ein wichtiges Standbein, auch für die Fachkräfte unserer Wirtschaft - wird aber auf lange Sicht an Bedeutung verlieren«, betonte Klinger. »Wer feststellt und bedauert, dass mittlerweile mehr junge Menschen ein Studium als eine berufliche Ausbildung aufnehmen, beachtet zum einen nicht die Signale der Arbeitsmärkte. Andererseits übersieht er die gut 170.000 jungen Menschen, die sich jährlich für eine Ausbildung in den vollzeitschulischen Berufen insbesondere des Erziehungs-, Gesundheits- und Sozialwesens entscheiden«. Diese verdienten mehr Anerkennung. Der Grund: Das plurale System der Berufsausbildung sei mit eine Ursache für eine vergleichsweise geringe Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland.

Der GEW-Berufsbildungsexperte blickt mit Sorge auf das sogenannte »Übergangssystem«. Dieses sei in den vergangenen Jahren u.a. wegen der beruflichen Situation junger Geflüchteter wieder deutlich gewachsen. Die berufsbildenden Schulen erfüllen bei der Bildung und Qualifizierung der Geflüchteten eine wichtige Aufgabe. »Dafür müssen aber auch die personellen und materiellen Ressourcen wie multiprofessionelle Teams und begleitende Supervision bereit gestellt werden«, hob Klinger hervor. »Zudem brauchen wir sichere Rahmenbedingungen: ein Recht auf den Besuch der berufsbildenden Schule für alle 16- bis 27-Jährigen, ein Recht auf Ausbildung und Nachholen eines Berufsabschlusses, altersgemäße Sprachförderkonzepte, politische Bildung und sozialpädagogische Unterstützung«.

Länder und Kommunen müssten sich zudem ihrer Verantwortung für eine adäquate Ausstattung der berufsbildenden Schulen u.a. auch für IT-Unterstützungspersonal stellen. Sie dürften nicht wegen der aus der Weimarer Reichsverfassung stammenden nach wie vor geltenden Trennung in »äußere« (Kommunen) und »innere« (Länder) Schulangelegenheiten ihre jeweiligen Zuständigkeiten bestreiten. »Gerade am Beispiel der so genannten digitalen Bildung wird besonders deutlich, dass die Grenzen zwischen ‚äußeren‘ und ‚inneren‘ Angelegenheiten zunehmend verwässern und verschwinden«, sagte Klinger. Er machte sich für die Lernmittelfreiheit für alle Schülerinnen und Schüler stark.

Hintergrund
Heute findet im Rahmen der baden-württembergischen KMK-Präsidentschaft ein länderoffener, bundesweiter Kongress mit dem Titel »Berufliche Bildung – Analysen, Trends und Perspektiven« in Stuttgart statt. Für das Ende der Präsidentschaft 2017 strebt die KMK einen Beschluss »Bilanz und Perspektiven zur beruflichen Orientierung an Schulen« an.

 

 

KI im Schulalltag: KMK legt Fokus auf Weiterbildung und Chancengleichheit
Handlungsempfehlung der Bildungsministerkonferenz zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat eine umfassende Handlungsempfehlung zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Bildungseinrichtungen verabschiedet...
Reaktionen zum Nationalen Bildungsbericht 2024
Gestern erschien der Nationale Bildungsbericht 2024 Bildung in Deutschland, der wie erwartet in der (Fach-)Öffentlichkeit ein breites Echo ausgelöst hat. Der Bericht widmet sich des Status Quo in der Bildungspolitik im Allgemeinen und der...
Das Bildungssystem arbeitet am Anschlag und steht unter großem Anpassungsdruck
Wie der aktuelle nationale Bildungsbericht »Bildung in Deutschland 2024« zeigt, steht das Bildungssystem vor großen Herausforderungen.   Dazu zählen der Mangel an Fachpersonal, eine unzureichende Finanzierung, ein hoher...

Die fünf meistgelesenen Artikel der letzten 30 Tage in dieser Kategorie.

 

  • »Mein Bildungsraum« in der Kritik

    Kurzbesprechung des Artikels »Digitalisierung: Großprojekt des Bundes "Mein Bildungsraum" in der Kritik« von Dorothee Wiegand Der Artikel von Dorothee Wiegand (veröffentlicht auf heise.de) bietet einen umfassenden Überblick zum BMBF-Projekt »Mein...

  • Informatikunterricht in Deutschland: Große Fortschritte, aber noch viel zu tun

    Informatik-Monitor 2024/25: Fortschritte und Herausforderungen  Im Schuljahr 2024/25 werden fast drei Viertel aller Schülerinnen und Schüler Informatik als Pflichtfach belegen. Das geht aus dem aktuellen Informatik-Monitor 2024/25 hervor, den die...

  • Bildungsplattform »Mein NOW«: Potenzial ungenutzt

    Portal »mein NOW«: Kritik an Usability und Zielgruppenansprache Die Bildungsjournalistin Gudrun Porath hat in einer Kolumne auf Haufe.de das Online-Portal »mein NOW« kritisch beleuchtet und kommt zu dem Schluss, dass die Weiterbildungsplattform »hinter den...

  • Anhörung zum AFBG: Experten für die Förderung beruflicher Weiterbildung

    Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG), der insbesondere der Stärkung der beruflichen Weiterbildung und Fachkräftesicherung dienen soll, ist bei einer öffentlichen...

  • Fünf Wege zu mehr Flexibilität: Empfehlungen für die nachschulische Bildung

    Übergänge in Ausbildung und Studium - Wie die Politik in Zeiten des Fachkräftemangels nachschulische Bildung gestalten muss Expert*innen plädieren für mehr Flexibilität in der nachschulischen Bildung Der deutsche Arbeitsmarkt steht vor einer großen...

 

 

.