Baden-Württemberg ließ Bildungszeitgesetz evaluieren
Die 2015 in Baden-Württemberg eingeführte Regelung zum Bildungsurlaub (»Bildungszeit«) war von Beginn an nicht unumstritten. Die gesetzliche Grundlage (BzG BW) gewährt Beschäftigten mit Tätigkeitsschwerpunkt in Baden-Württemberg einen Anspruch auf Bildungszeit an bis zu fünf Arbeitstagen im Jahr. Sie werden dafür von ihrem Arbeitgeber unter Fortzahlung ihrer Bezüge freigestellt.
Eine Evaluation des Gesetzes wurde nach dessen Einführung im Rahmen späterer Koalitionsvereinbarungen nach zwei Jahren festgelegt. Im Jahr 2018 fand die Evaluation auf Basis einer Ausschreibung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg vom Juli 2017 statt, die nun veröffentlicht wurde.
Die Evaluation wurde vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) durchgeführt. Auf der Grundlage von über 1.750 per Fragebogen sowie leitfadengestützt durchgeführten Interviews hat die Evaluation unter anderem folgende Ergebnisse gebracht:
- Schätzungsweise 1,1 Prozent der Anspruchsberechtigten in Baden-Württemberg (hochgerechnet rund 53.000) nahmen 2017 Bildungszeit in Anspruch (ohne Ehrenamtsqualifizierung im Sport). Damit liegt die Inanspruchnahme in etwa auf dem gleichen Niveau wie in anderen Bundesländern.
- 34,5 Prozent der Anspruchsberechtigten ist das Bildungszeitgesetz bekannt, 34,4 Prozent dieser haben Bildungszeit in Anspruch genommen. Eine höhere Inanspruchnahme liegt bei jüngeren Beschäftigten zwischen 18 und 44 Jahren (55 Prozent), Führungskräften (52 Prozent) und befristet Beschäftigten (58 Prozent) vor.
- Bildungszeit wurde im Durchschnitt für circa 4,45 Tage in Anspruch genommen (berufliche Weiterbildung 4,47; Ehrenamtsqualifizierung 3,73 Tage; politische Weiterbildung 3,67).
- Am häufigsten wurde Bildungszeit für berufliche Weiterbildungen verwendet (75,5 Prozent), gefolgt von politischer Weiterbildung (23,8 Prozent) und Ehrenamtsqualifizierung ohne den Bereich Sport (0,7 Prozent).
- Aus Sicht der Anspruchsberechtigten (86,1 Prozent) und der Betriebe (78,0 Prozent) hat die berufliche Weiterbildung im Vergleich der Bildungszeitbereiche den höchsten Stellenwert.
- 67,8 Prozent der Unternehmen gaben an, dass Bildungszeit für das Erreichen eines Aufstiegsfortbildungsabschlusses genutzt wurde; 45,2 Prozent der Unternehmen sagten, dass Bildungszeit von Mitarbeitenden für das Erreichen eines Studienabschlusses verwendet wurde. 3,4 Prozent der Unternehmen geben an, dass an- oder ungelernte Beschäftigte Bildungszeit genutzt haben, um sich beruflich fort- oder weiterzubilden.
- 22,3 Prozent der Unternehmen gehen durch die Maßnahmen von einer Vorbereitung auf die Digitalisierung aus. 24,8 Prozent der Unternehmen gehen von einer Steigerung der digitalen Kompetenzen durch die besuchte Weiterbildung aus.
- Bei 23 Prozent der Träger hat sich die Zahl der Teilnehmenden seit Gesetzeseinführung erhöht. Von 22 Prozent der Träger wurden neue Angebote entwickelt bzw. bei weiteren 8 Prozent der Träger neue Maßnahmen geplant, vor allem im Bereich beruflicher Weiterbildungen. Der Anerkennungsprozess wird durch die Träger größtenteils positiv beurteilt.
- Verbesserungspotentiale sieht das f-bb unter anderem bei der Verringerung der Bürokratiebelastung in den Betrieben und bei der Verständlichkeit und Eindeutigkeit des Gesetzestextes.
LINKS