Digitalkompetenzen: Mittelstand hat Engpässe - mehr Weiterbildung nötig
Jedes dritte Unternehmen kann Bedarf nicht decken * Corona-Krise hemmt Weiterbildungsaktivitäten * Unternehmen sehen fehlende Weiterbildungsangebote und hohe Kosten als Hindernis
Die Digitalisierung gehört im Mittelstand zum Geschäftsalltag. Für über 80 % der kleinen und mittleren Unternehmen sind grundlegende Digitalkompetenzen der Beschäftigten wie z. B. die Bedienung von Computern, Tablets und Standardsoftware unverzichtbar. Ein Viertel hat großen oder sehr großen Bedarf an fortgeschrittenen Digitalkompetenzen wie Programmieren oder statistischer Datenanalyse.
Eine Sonderbefragung im repräsentativen KfW-Mittelstandspanel zeigt jedoch auch, dass ein Drittel der Unternehmen (33 %) den Bedarf an Digitalkompetenzen aktuell nicht decken kann. Von der Corona-Krise betroffene Unternehmen verzeichnen dabei häufiger Engpässe als nicht betroffene (37 vs. 26%).
Die Engpässe sind in den Wirtschaftssektoren unterschiedlich stark ausgeprägt. Mit 43 % treten sie am häufigsten bei Handelsunternehmern auf. Auch das Verarbeitende Gewerbe beklagt mit 40% überdurchschnittlich häufig den Mangeln an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit dem nötigen digitalen Know-How. Im Bausektor können hingegen die vergleichsweise wenigen Firmen, die einen (sehr) großen Bedarf an Digitalkompetenzen haben, diesen gut decken (nur 24 % haben Engpässe).
Die Lücke zwischen den benötigten und den vorhandenen Fähigkeiten der Beschäftigten stellt den Mittelstand vor große Herausforderungen: Digitalkompetenzen werden durch den technologischen Strukturwandel immer wichtiger, ihr Fehlen behindert einer schnellere Digitalisierung. Die kleinen und mittleren Unternehmen haben dieses Problem durchaus erkannt und versuchen auch, es anzugehen: Vier von zehn Digitalisierungsprojekten im Mittelstand drehen sich um den Aufbau einschlägiger Kompetenzen in der Belegschaft durch Rekrutierung oder Weiterbildung. Gerade die betriebliche Weiterbildung wird aber durch die aktuelle Pandemie scharf ausgebremst. 38 % der Mittelständler haben ihre Weiterbildungsaktivitäten im Jahr 2020 reduziert, die Hälfte davon sogar auf null. Laut der aktuellen Sondererhebung im KfW-Mittelstandspanel hat das zwei Hauptgründe:
- Erstens fehlen aus Sicht der Unternehmen geeignete Angebote. 27 % der kleinen und mittleren Unternehmen mit großem Bedarf an Digitalkompetenzen sehen dieses Problem. Hierunter dürften nicht nur inhaltliche oder didaktische Vorbehalte fallen, sondern auch der krisenbedingte Ausfall von Präsenzveranstaltungen.
- Zweitens sind die Kosten eine große Weiterbildungshürde. Sie stellen für ein Viertel der Firmen (25 %) ein entscheidendes Problem dar. Unternehmen, die durch die Corona-Krise betroffen sind, beklagen dies viel häufiger als die nicht betroffenen (33 vs. 13 %). Denn bei akuten Umsatz- und Liquiditätsproblemen schrumpfen naturgemäß die Weiterbildungsbudgets.
»Die Corona-Krise und der damit verbundene Einbruch der Weiterbildungsaktivität trägt dazu bei, dass der Mittelstand bei den Digitalkompetenzen der Beschäftigten auf der Stelle tritt. Das sind schlechte Nachrichten, denn wir befinden uns mitten in digitalen Strukturwandel. Zukunftsinvestitionen erfordern digitales Know-How«, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. »Für die Unternehmen, für die Beschäftigten und auch für die Volkswirtschaft insgesamt ist es deshalb zentral, die Weiterbildungsaktivitäten zügig auszuweiten. Insbesondere die von der Corona-Krise betroffenen Unternehmen benötigen Beratung und finanzielle Förderung für ihre betriebliche Weiterbildung. Angesichts immer vielfältigerer Erwerbsbiografien ist es ebenso wichtig, die individuelle berufliche Weiterbildung zu fördern. Leitbild ist das lebenslange Lernen in Eigenverantwortung - aber nicht auf sich allein gestellt. Eine Weiterbildungsoffensive könnte schon kurzfristig Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Langfristig ist ein größerer Stellenwert von Digitalbildung schon in Schulen und Kitas erforderlich.«
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