Bundesregierung informiert zur Umsetzung und Durchführung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes
Herausforderungen und Fortschritte bei der Fachkräfteeinwanderung
Die deutsche Wirtschaft leidet zunehmend unter einem Mangel an qualifizierten Fachkräften. Besonders betroffen sind Branchen wie das Gesundheitswesen, die Kinderbetreuung, die IT-Branche sowie Bau- und Handwerksberufe.
Laut einer Analyse der Bundesagentur für Arbeit könnten dem deutschen Arbeitsmarkt bis 2035 rund 7,2 Millionen Erwerbstätige fehlen, wenn die aktuelle demografische Entwicklung anhält. Um diesen Rückgang zu kompensieren, wäre eine jährliche Nettozuwanderung von mindestens 400.000 Arbeitskräften erforderlich.
Um den Fachkräftemangel zu entschärfen, trat am 23. Juni 2023 das weiterentwickelte Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) in Kraft. Die neuen Regelungen wurden schrittweise eingeführt, die letzten Anpassungen erfolgten zum 1. Juni 2024.
Erste Daten zeigen eine positive Entwicklung: Die Zahl der erteilten Visa zu Erwerbszwecken stieg um über 10 Prozent auf rund 200.000 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Effizienz der Einwanderungsverfahren: Aktuelle Herausforderungen
Trotz der Fortschritte gibt es nach wie vor Kritik an den langen Bearbeitungszeiten für Arbeitsvisa. Das Auswärtige Amt plant, das Visumverfahren bis 2025 umfassend zu digitalisieren, um die Prozesse zu beschleunigen.
Eine Machbarkeitsstudie prüft zudem, inwieweit eine Zentralisierung der Zuwanderungsverfahren - etwa durch eine Bündelung der Zuständigkeiten bei der Bundesagentur für Arbeit oder einer neuen Behörde - die Effizienz steigern könnte. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass alle untersuchten Reformoptionen effizienter sind als das derzeitige System.
Statistiken zur Fachkräfteeinwanderung
Zum Stichtag 30. November 2024 hielten sich laut Ausländerzentralregister (AZR) 553.530 Personen mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 4 des Aufenthaltsgesetzes in Deutschland auf.
Die meisten von ihnen kamen aus Ländern wie Indien, China, den Philippinen, Bosnien und Herzegowina und Serbien. Besonders stark vertreten waren Arbeitskräfte der Kategorien »Fachkräfte« (§ 18c AufenthG) und »besonders Hochqualifizierte« (§ 18c Abs. 3 AufenthG).
Vergleicht man die aktuellen Zahlen mit denen vom Oktober 2022, so zeigt sich ein kontinuierlicher Anstieg. Besonders deutlich wird dies bei Fachkräften aus Indien und China, deren Zahl überdurchschnittlich gestiegen ist. Die größten Zuwächse gab es bei den akademisch qualifizierten Fachkräften und bei Fachkräften aus den Westbalkanstaaten.
Geplante Maßnahmen zur Beschleunigung der Verfahren
Die Bundesregierung plant mehrere Maßnahmen, um die Bearbeitungszeiten weiter zu verkürzen und die Prozesse zu vereinfachen:
- Digitale Antragstellung
Die Einführung eines zentralen digitalen Portals soll eine schnellere und vollständigere Antragstellung ermöglichen. - Kapazitätserweiterung
Die Bearbeitung von Visumanträgen wird teilweise an das Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten (BfAA) ausgelagert, um die Belastung der Visastellen zu reduzieren. - Vorabzustimmungen
Durch eine verstärkte Nutzung von Vorabzustimmungen für Arbeitserlaubnisse sollen Verzögerungen vermieden werden. - Reduzierung gesetzlicher Beteiligungspflichten
Durch den Abbau bürokratischer Hürden soll die Bearbeitung effizienter gestaltet werden.
Integration von Fachkräften in den Arbeitsmarkt
Die Bundesregierung bewertet die bisherigen Maßnahmen positiv. Erste Zahlen zeigten, dass die Neuregelungen angenommen werden. Seit Jahresbeginn wurden fast 195.000 Visa zum Zweck der Erwerbstätigkeit erteilt - ein Anstieg um rund 10 Prozent gegenüber 2023.
Besonders vielversprechend ist die Einführung der sogenannten Chancenkarte, die auf einem Punktesystem basiert und ausländischen Arbeitskräften mit bestimmten Qualifikationen oder Erfahrungen den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtert.
Da für viele Aufenthaltstitel zu Erwerbszwecken keine Deutschkenntnisse nachgewiesen werden müssen, wird zudem diskutiert, ob Englisch als Verwaltungssprache in aufenthaltsrechtlichen Verfahren anerkannt werden sollte.
Ergebnisse der Machbarkeitsstudie zur Zentralisierung der Verfahren
Die Machbarkeitsstudie zur Zentralisierung der Erwerbsmigrationsverfahren kommt zu dem Ergebnis, dass eine Bündelung der Zuständigkeiten erhebliche Effizienzgewinne bringen könnte. Allerdings sieht die Bundesregierung eine umfassende Digitalisierung als Voraussetzung für jegliche Reformmaßnahmen.
Die Entscheidung über konkrete Umsetzungsschritte soll einer neuen Bundesregierung vorbehalten bleiben.
Digitalisierung und Verfahrensbeschleunigung
Die Bundesregierung arbeitet an einer umfangreichen Digitalisierung der Migrationsverwaltung. In den folgenden Bereichen wurden wichtige Fortschritte erzielt:
- Bund-Länder-Arbeitsgruppe »Digitales Migrationsmanagement« (BLAG)
Hier wurden Kennzahlen zur Erfolgsmessung definiert und Digitalisierungshemmnisse identifiziert. - Verbesserung des Datenaustauschs
Ein neues Gesetz zur Weiterentwicklung der Migrationsverwaltung soll den Informationsaustausch zwischen Behörden beschleunigen. - Einführung elektronischer Ausländerakten
Dadurch sollen Medienbrüche in der Verwaltung beseitigt werden. - Online-Antragsverfahren für Aufenthaltstitel
Bereits in mehreren Bundesländern verfügbar und stetig im Ausbau.
Ausbau der digitalen Visumvergabe
Das Auswärtige Amt hat sein digitales Ausländerportal planmäßig ausgebaut. Seit Dezember 2024 sind alle 167 Visastellen weltweit an das Portal angeschlossen. Damit ist die Onlinebeantragung von Visa für Erwerbstätige, Studierende und Auszubildende flächendeckend möglich. Zudem soll Künstliche Intelligenz (KI) zur Analyse der Anträge eingesetzt werden, um das Verfahren weiter zu optimieren.
Westbalkanregelung und neue Migrationsabkommen
Die Bundesregierung hat die Kontingente für die Westbalkanregelung zum 1. Juni 2024 verdoppelt, so dass nun jährlich 50.000 Zustimmungen für Arbeitsvisa erteilt werden können.
Eine mögliche Ausweitung auf weitere Länder wie Brasilien, Mexiko oder Vietnam wird derzeit geprüft, konkrete Pläne gibt es jedoch nicht.
Ein Evaluierungsbericht zur Westbalkanregelung bestätigt deren Erfolg: Die meisten Zuwanderer aus der Region haben einen festen Arbeitsplatz gefunden, rund 60 Prozent werden als Fachkräfte eingestuft und nur wenige nehmen Sozialleistungen in Anspruch. Dennoch sieht die Bundesregierung keinen generellen Bedarf, die formalen Qualifikationsanforderungen für andere Zuwanderungswege weiter abzusenken.
Rolle der Deutschen Auslandsschulen bei der Fachkräftegewinnung
Die Deutschen Auslandsschulen spielen eine zunehmend wichtige Rolle bei der langfristigen Fachkräftegewinnung. Sie sind Teil der Partnerschulinitiative (»PASCH«) und vernetzen weltweit über 2.000 Schulen, an denen Deutsch einen hohen Stellenwert hat.
Rund 26 Prozent der Absolvent*innen dieser Schulen nehmen ein Studium in Deutschland auf, was sie zu potenziellen Fachkräften macht. Genaue Zahlen zur Zahl der Absolvent*innen, die eine Arbeitserlaubnis in Deutschland erhalten haben, liegen der Bundesregierung jedoch nicht vor.
Ausblick
Das weiterentwickelte Fachkräfteeinwanderungsgesetz zeigt erste positive Effekte, zentrale Herausforderungen bleiben jedoch bestehen. Insbesondere die langen Bearbeitungszeiten und die fehlende Zentralisierung der Verfahren stellen weiterhin große Hürden dar.
Die Bundesregierung setzt daher auf die Digitalisierung der Migrationsverwaltung, den Ausbau digitaler Visaverfahren und die Einführung der Chancenkarte, um den deutschen Arbeitsmarkt für internationale Fachkräfte langfristig attraktiver zu machen.
VERWEISE
- Im Wortlaut: Stellungnahme der Bundesregierung zur Umsetzung des FEG ...
- siehe auch MATERIALIEN: Migrationsbericht 2023 ...
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