Gründungspotenzial in Deutschland: Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund

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Entrepreneurship

Gründungsaktivitäten von Menschen mit Einwanderungsgeschichte: Fakten, Unterschiede und Herausforderungen

Warum gründen Menschen mit Migrationshintergrund häufiger als Einheimische? Was sind ihre Motive und wie wirkt sich das Geschlecht auf die Gründungsquote aus?

Der Global Entrepreneurship Monitor (GEM) Länderbericht Deutschland 2023/24, herausgegeben vom RKW Kompetenzzentrum und der Leibniz Universität Hannover, liefert fundierte Antworten auf diese Fragen.

Menschen mit Migrationshintergrund: Höhere Gründungsquote, aber stärkere Schwankungen

Mit 12,6 Prozent ist die Gründungsquote von Personen mit Einwanderungsgeschichte im Jahr 2023 fast doppelt so hoch wie die der einheimischen Bevölkerung (7,1 Prozent). Die GEM-Gründungsquote umfasst Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren, die in den letzten 3,5 Jahren ein Unternehmen gegründet haben oder gerade gründen.

Die Dynamik zeigt jedoch Unterschiede: Während die Gründungsquote bei Personen mit Migrationshintergrund um sieben Prozentpunkte sank, fiel der Rückgang bei der einheimischen Bevölkerung mit 1,2 Prozentpunkten deutlich geringer aus. Dies deutet auf eine höhere Volatilität der Gründungsaktivitäten in der Migrationsbevölkerung hin.

Gender Gap: Männer dominieren weiterhin

Ein zentrales Ergebnis des Berichts ist der anhaltende Gender Gap. Bei den Personen mit Migrationshintergrund gründeten im Jahr 2023 14,6 Prozent der Männer, aber nur 9,7 Prozent der Frauen. Auch bei der einheimischen Bevölkerung sind Männer mit 9,6 Prozent stärker vertreten als Frauen (6,6 Prozent).

Der Gender Gap bleibt somit in beiden Gruppen ein Problem, das gezielter Maßnahmen bedarf.

Gründungsmotive: Familientradition und Arbeitsplatzsicherung im Fokus

Für Personen mit Zuwanderungsgeschichte spielt die unternehmerische Familientradition eine zentrale Rolle: Mehr als 50 Prozent der Migrantengründer nannten familiäre Vorbilder als Motiv für ihre unternehmerische Tätigkeit. Bei Personen ohne Migrationshintergrund trifft dies nur auf rund ein Viertel zu.

Ein weiteres häufiges Motiv ist die Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes: Rund 70 Prozent der migrantischen Gründenden sehen in der Selbstständigkeit eine Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu sichern - ein deutlicher Anstieg gegenüber 49 Prozent im Vorjahr. Darüber hinaus nennen sie häufiger als Einheimische Ziele wie »die Welt verändern« oder »großen Wohlstand erreichen« (jeweils knapp 64 Prozent).

Internationalität und Innovation als Stärken

Unternehmen von Menschen mit Migrationshintergrund punkten mit Internationalität und Innovationskraft. Ihre Gründungen sind fast doppelt so häufig exportorientiert und erzielen mehr als 25 Prozent ihres Umsatzes im Ausland. Zudem entstehen in dieser Gruppe dreimal häufiger Produkte oder Verfahren, die als Weltneuheit gelten.

Demgegenüber weisen die inländischen Gründungen höhere Wachstumsambitionen und einen höheren Anteil an Hightech-Unternehmen auf. Diese Unterschiede deuten auf unterschiedliche strategische Ausrichtungen der Gründergruppen hin.

Vielfalt als Stärke, aber auch als Herausforderung

Die Ergebnisse des GEM-Reports unterstreichen die Bedeutung von Menschen mit Migrationshintergrund für die deutsche Gründungslandschaft. Ihre überdurchschnittliche Gründungsquote, ihre Innovationskraft und ihre internationale Ausrichtung leisten einen wichtigen Beitrag für die Wirtschaft.

Dennoch bleiben der Gender Gap und die höhere Volatilität der Gründungsquote zentrale Herausforderungen. Gezielte Förderprogramme für Frauen und Migrantengründungen könnten hier Abhilfe schaffen.

Hintergrund
Der Global Entrepreneurship Monitor ist weltweit die einzige Erhebung, die einen räumlichen und zeitlichen Vergleich der Gründungsquoten, Gründungsmotive und Gründungseinstellungen in der Gesamtbevölkerung vieler Länder auf allen Kontinenten der Welt ermöglicht. Seit 1999 werden in Deutschland und in über 50 weiteren Ländern entsprechende Daten erhoben. Seit 2018 untersucht das RKW Kompetenzzentrum in Eschborn im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gemeinsam mit dem Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover das Gründungsgeschehen in Deutschland in Form einer jährlichen repräsentativen Bevölkerungserhebung sowie einer Befragung von Gründungsexpertinnen und -Experten.


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