Öffentliche Finanzierung der Weiterbildung sinkt zu Lasten Geringqualifizierter

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Bertelsmann Stiftung

Sprachkurse, Softwareschulungen, Soft-Skills-Seminare – lebenslanges Lernen ist die Basis der modernen Wissensgesellschaft. Doch während die Weiterbildungsausgaben der Bürger steigen, ist die öffentliche Finanzierung stark gesunken. Das gefährdet vor allem die Weiterbildungschancen von Geringqualifizierten

Die öffentlichen Ausgaben für Weiterbildung sind zwischen 1995 und 2012 um 41 Prozent auf 6,1 Milliarden Euro gesunken. Gleichzeitig investieren Privatpersonen immer häufiger und immer mehr Geld in berufliche Weiterbildungsmaßnahmen. Die abnehmende staatliche Förderung geht vor allem zu Lasten von Geringqualifizierten, die nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen. Das sind die Ergebnisse der Studie »Weiterbildungsfinanzierung in Deutschland« der Bertelsmann Stiftung.

Im Gegensatz zu den öffentlichen Ausgaben für Weiterbildung sind die staatlichen Investiti-onen in allen anderen Bildungsbereichen um durchschnittlich 59 Prozent gestiegen (1995-2012). Der Rückgang in der Weiterbildung ist vor allem auf die sinkende Anzahl von Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitslose zurückzuführen. »Zwischen dem öffentlichen Anspruch an lebenslanges Lernen und den staatlichen Weiterbildungsausgaben klafft eine deutliche Schere. Angesichts einer flexiblen Arbeitswelt und Berufsbildern im Wandel müssen wir sicherstellen, dass alle Arbeitnehmer ihre Kompetenzen weiterentwickeln können«, sagte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung.

Weniger Weiterbildung für Geringqualifizierte und atypisch Beschäftigte

Die Deutschen nehmen die Finanzierung immer öfter selbst in die Hand. 2012 wurden 50 Prozent aller nicht-betrieblichen Weiterbildungen zur Erweiterung beruflicher Kompetenzen teilweise oder komplett privat bezahlt (2007: 48 Prozent). Die durchschnittlichen jährlichen Teilnehmerbeiträge dafür stiegen um 22 Prozent von 729 (2007) auf 890 (2012) Euro. Auch an betrieblichen Weiterbildungen beteiligen sich Arbeitnehmer häufiger finanziell (2007: 7 Prozent, 2012: 9 Prozent). Die durchschnittlichen privaten Kosten dazu kletterten im selben Zeitraum von 483 auf 610 Euro (+26 Prozent).

Die zunehmende Privatisierung der Weiterbildungskosten schadet vor allem Geringqualifizierten in atypischen Beschäftigungsverhältnissen, also in Zeitarbeit, Teilzeit oder mit Befristungen. Sie nehmen fast dreimal weniger an Weiterbildung teil als Höherqualifizierte, die unbefristet in Vollzeit arbeiten. Diese Entwicklung hat verschiedene Ursachen: Geringqualifizierte und atypisch Beschäftigte verfügen einerseits oft nicht über die privaten Mittel, um Weiterbildungen selbstständig zu finanzieren. Andererseits profitieren sie in der Regel weniger von betrieblichen Angeboten, da Arbeitgeber eher in Festangestellte statt in Teilzeit- und befristete Kräfte investieren.

Gezielte Förderung für Chancengerechtigkeit am Arbeitsmarkt

»Menschen ohne Berufsabschluss haben fast ein vierfach so großes Risiko arbeitslos zu werden wie Höherqualifizierte. Wir müssen sicherstellen, dass auch diejenigen Weiterbildung nutzen können, die davon am meisten profitieren würden«, sagte Jörg Dräger. Privates Engagement in der Weiterbildung sei begrüßenswert. Um Chancengerechtigkeit am Arbeitsmarkt zu gewährleisten, müsse die öffentliche Hand aber mehr in präventive Arbeitsmarktpolitik investieren. Dazu gehöre neben Zuschüssen zu Weiterbildungs-, Prüfungs- und Unterhaltskosten auch die Anerkennung im Berufsleben erworbener Kompetenzen, so Dräger. Hierfür müsse der Staat die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen.

Hintergrund
Die vorliegende Studie wurde von Dr. Marcel Walter und Prof. Dr. Dieter Münk von der Universität Duisburg-Essen im Auftrag der Bertelsmann Stiftung erstellt. Sie analysiert die Finanzierung der Weiterbildung in Deutschland und ihre Entwicklung in den vergangenen 15 Jahren. Grundlagen für die Berechnung sind amtliche Statistiken. Dazu gehören die Bildungsfinanzberichte, die Budgets für Bildung, Forschung und Wissenschaft und die Bundeshaushaltspläne. Zusätzlich wurden Forschungs- und Datenberichte wie die Datenreporte des Bundesinstituts für berufliche Bildung (BIBB), die Geschäfts- und Jahresberichte der Bundesagentur für Arbeit (BA) und die Berichte über den Adult Education Survey (AES) herangezogen.

 

 

 

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