Studie: Was Mitarbeitende von Führungskräften erwarten
Flexibilität und Eigenverantwortung als Teil der neuen Arbeitsrealität
Die Vorgänger-Studie »Arbeitsrealität 2021« beschäftigte sich mit den Herausforderungen der hybriden Arbeitswelt aus Sicht der Führungskräfte. Die aktuelle Erhebung fokussiert die Erwartungen der Mitarbeitenden an die neue Arbeitsrealität sowie an Führung.
Hierfür wurden insgesamt 1.000 Beschäftigte online in Form von explorativen Interviews befragt. Hays führte beide Studienteile in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Rheingold durch.
Mitarbeitende vermissen Unterstützung ihres Arbeitsstils
Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Befragten nimmt im hybriden Arbeitsmodus keine Veränderung der Arbeitsbelastung wahr, lediglich für ein Drittel gestaltet sich der Arbeitsalltag stressiger als zuvor. Ebenfalls für rund ein Drittel (35 Prozent) der Mitarbeitenden stellt der Wechsel ins Homeoffice die größte Veränderung dar. Das Arbeiten von Zuhause sowie die verstärkte Nutzung digitaler Tools (z.B. für Videokonferenzen) werden langfristig integraler Teil der neuen Arbeitsrealität werden, davon sind 44 Prozent bzw. 49 Prozent der Mitarbeitenden überzeugt. Die Mehrheit begrüßt diese Entwicklung: So sind Dreiviertel der Befragten positiv überrascht, wie gut das Arbeiten zuhause funktioniert, 64 Prozent gibt an, produktiver zu sein und 70 Prozent empfindet das Verschmelzen von Beruflichem mit Privatem als angenehm. Mehr Flexibilität und Eigenverantwortung, ergebnisorientiertes Arbeiten und eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Job sind für die Mitarbeitenden von großem Nutzen.
Hybrides Arbeiten wird Teil der neuen Arbeitsrealität bleiben, darüber sind sich Führungskräfte wie Mitarbeitende einig. Bei der Umsetzung attestieren die Befragten nicht allen Führungskräften ein gutes Zeugnis
Negativ hingegen werden die Führungskräfte wahrgenommen, die diesen Arbeitsstil nicht unterstützen. Konkret attestieren die Befragten ihnen mangelndes Vertrauen, da sie permanent die Arbeitsleistung aus dem Homeoffice anzweifeln.
Hinzu kommt: die Befragten beklagen mangelndes Fingerspitzengefühl bei ihren Vorgesetzten, wenn es um die Einführung neuer Technologien und Prozesse geht. Sie sehen die Gefahr, dass diese neuen digitalen Tools zur Steuerung und Kontrolle missbraucht werden und geradewegs in den digitalen Taylorismus führen. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung fühlen sich daher einige Befragte eher wie ein Rädchen im Getriebe, nämlich austauschbar.
Auch der Teamgeist hat durch die Distanz gelitten. Über die Hälfte der Studienteilnehmer gibt an, dass der Zusammenhalt fehle und sie sich weniger gut integriert fühlen. Fast 70 Prozent vermissen den persönlichen Kontakt zu Kollegen. Das soziale Miteinander leidet, während sich die Arbeitsbelastung mit zahlreichen Video-Calls und neuen Projekten für die Mehrheit der Befragten zunehmend verdichtet. Ähnlich wie die Führungskräfte sprechen sich daher auch die Mitarbeitenden nicht für die reine Remote Work, sondern tendenziell für ein hybrides Arbeitsmodell aus. Eine Kombination aus Homeoffice und ein bis drei Tagen im Büro ist für viele der optimale Mix.
Mitarbeitende brauchen Flexibilität und Sicherheit
Wie bereits die Erhebung zur Perspektive der Führungskräfte gezeigt hat, waren die letzten 18 Monate für viele mit umfangreichen neuen Herausforderungen verbunden. Die aktuelle Befragung verdeutlicht, dass diese Leistung von den Mitarbeitenden erkannt und gewürdigt wird. Mehr als die Hälfte ist beeindruckt vom Engagement und der Fürsorge, die ihnen ihre Vorgesetzten in Situationen wie Homeschooling und massiven Kontaktbeschränkungen entgegengebracht haben. 60 Prozent der Studienteilnehmer erwähnen explizit, dass ihre Führungskraft ein besseres Verständnis für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf entwickelt habe. Eine offene und transparente Kommunikation hat auf beiden Seiten zu einem verstärkten Gemeinschaftsgefühl geführt, bekräftigen 63 Prozent der Befragten. Ein etwas geringerer Teil der Mitarbeitenden zieht in puncto Führungsverständnis hingegen eher eine negative Bilanz. Konkret beklagen 41 Prozent fehlende Empathie sowie überzogene Kontrolle (30 Prozent), die vor allem über neue digitale Tools wie Zoom oder MS Teams erfolgt. Sie erwarten digitale Souveränität anstatt digitaler Kontrolle, die über den Einsatz digitaler Tools ausgeübt wird. Denn nicht alles, was technisch machbar ist, sollte auch genutzt werden. Im Gegenteil: es geht den Mitarbeitenden vielmehr um einen sinnvollen Umgang mit diesen Tools. So wünscht sich jeder vierte Mitarbeitende eine Art »Digital-Knigge«, um zum Beispiel eine Überlastung durch ständige Video-Calls zu vermeiden.
Flexibles Arbeiten in einem sicheren Rahmen mit gewissen Regeln gehört also für über die Hälfte der Mitarbeitenden ebenso zur neuen Arbeitsrealität wie ein sicherer krisenresistenter Arbeitsplatz. Auf der zwischenmenschlichen Ebene hat das hybride Arbeiten den Befragten die Wichtigkeit von persönlicher Wertschätzung und positivem Feedback seitens der Führungskräfte vor Augen geführt. Für 57 Prozent sind daher Lob und Zuspruch ein wichtiger Zufriedenheitsfaktor.
Mitarbeitende wollen Vertrauen und Partizipation
Noch eindeutiger ist die Studie beim Thema Vertrauen. Ganze 93 Prozent der Befragten wünschen sich eine vertrauensvolle Beziehung zum Vorgesetzen und den Rahmen für flexibles und selbstständiges Arbeiten. Auffällig ist die große Diskrepanz zwischen Erwartung und Realität bei der Frage nach einem partizipativeren Führungsstil: 93 Prozent der Mitarbeitenden möchten von den Führungskräften stärker einbezogen werden und auf Augenhöhe kommunizieren. Doch nur etwa zwei Drittel der Vorgesetzten handeln entsprechend. Ähnliche Ergebnisse liefert die Studie, wenn es um demokratische Entscheidungen im Team geht.
»Der zweite Teil unserer Studie zur neuen Arbeitsrealität hat die Einschätzung der Führungskräfte im Positiven wie im Negativen unterstrichen. Die Mitarbeitenden sprechen sich ebenfalls für hybride Arbeitskonzepte aus. Sie schätzen die neue Flexibilität sowie das entgegengebrachte Vertrauen und erkennen die Leistung ihrer Vorgesetzten in den letzten 18 Monaten an. Gleichzeitig spiegeln die Umfrageergebnisse den in Teil 1 postulierten Balance-Akt zwischen Vertrauen und Kontrolle anschaulich wider. Die Aussagen zur zunehmenden digitalen Kontrolle und dem in der Realität nur teilweise umgesetzten partizipativen Führungsstil sollten Führungskräfte aufhorchen lassen. Hier zeigen sich wichtige Stellschrauben zur Mitarbeiterbindung, gerade vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels,« fasst Dirk Hahn (Hays AG) zusammen.
VERWEISE
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